Trümmerhaufen Dixieklo! Lest die Geschichten!

Was kommt dabei rum, wenn man einfach drauflos schreibt? Hier veröffentlichen wir alle Kurzgeschichten, die ihr uns geschickt habt. Sucht nach dem Rest unter #erregungoeffentlicherfreude (Facebook / Instagram) bzw. #erregungöffentlicherfreude (Facebook / Instagram) in den Sozialen Medien!


Julia Käding:

Hätten Sie Lust sich täglich mit Scheiße zu beschäftigen? Ich ja auch nicht. Aber gemacht werden muss es ja.

In Indien sind die Unberührbaren zuständig für das Leeren der Latrinen. Wegen der fauligen Gase sterben dabei immer mal wieder welche dabei.
Ich bin da so reingerutscht. In Deutschland ist es ja auch nicht der angesehenste Beruf Dixiklos aufzustellen und die vollgekackten Dinger dann irgendwann wieder einzusammeln. Aber dankbar sind einem die Leute, Unsere Klos werden ja fast überall gebraucht. Die Menschen müssen nun einmal ihre Bedürfnisse verrichten. Das muss ich Ihnen ja jetzt auch nicht weiter erklären. Sie wissen schon, wie ich das meine. Da geht es Ihnen ja auch nicht anders als uns allen.

Wo war ich stehengeblieben. Ich bin da so reingerutscht. Mein Traumjob ist es nicht gerade. Aber das wollte ich alles eigentlich gar nicht erzählen. Sie hatten nach der kuriosesten Geschichte gefragt, die mir je passiert ist. Das war folgende:

Ich musste mal eins unserer Klos vom Dach eines Hauses bergen. Fragen Sie mich nicht, wie die das geschafft haben das Klo da hochzubringen. (Und stellen Sie sich gar nicht erst vor, was im Inneren des Klos dabei mit dem Chemikalientank passiert sein muss). Fakt ist, vor dem Haus stand ein Baugerüst und das Klo war für die Bauarbeiter gedacht. Die rufen uns eines Tages auf Arbeit an, um zu sagen, dass das Klo weg ist.

Ich komm mit meinem Kollegen da hin, da hatten die Bauarbeiter es schon entdeckt. Es lag oben auf dem Dach des Hauses. Mitten in Berlin. Das war ein vierstöckiges Haus. Ob Sie es glauben oder nicht. Und oben lag also unser Klo. Mein Kollege und ich waren erstmal ziemlich ratlos. Wir haben unseren Chef angerufen, aber der war erstaunt, dass er auch nicht wusste, wie wir mit der Situation umgehen sollten. Wir haben ja kleine Kräne auf unseren Wagen, mit denen wir die Toilettenhäuschen aufstellen und wieder einsammeln. Aber damit kommen wir doch nicht hoch zum Dach.

Der Chef meinte also, wir sollten uns was ausdenken. Das haben wir dann auch gemacht. Wir haben erstmal ein paar Eimer Wasser rüber gekippt, um den ganzen Schmand abzuwaschen. Dann haben wir Spanngurte ums Klo rumgespannt und dann wollten wir die Kabine übers Baugerüst ablassen Wir haben beide die Gurte gehalten und zwei Bauarbeiter haben uns geholfen. Wir mussten klettern und dabei das Klo runterlassen.

Aber das verdammte Ding war so unhandlich, dass es uns mit einem Mal aus den Händen geglitten ist. Ich hab das alles wie in Zeitlupe gesehen. Die Gurte rutschen uns weg, Die Kiste macht sich selbstständig und kippt über eine Ballustrade in Richtung Straße. Wir Vier und die Männer unten starren das Ding an. Ich will es noch packen, aber zu spät. Es schrabt am Gerüst entlang und kracht mit ohrenbetäubendem Lärm unten auf dem Gehweg auf. Zum Glück ist da keiner gestanden. Der hätte das nicht überlebt. Aber das Dixiklo war ein einziger Trümmerhaufen.


Jens Wiesner:

„Tja“, sagte Steffen.
„Tja“, sagte Marcus mit C.
„Tja“, sagte Stephanie und seufzte laut.

Alle drei blickten auf den verschmorten Haufen Plastik vor ihnen.

„Was ist denn da bloß passiert?“ fragte Steffen.
„Ja, schöne Scheiße!“ konstantierte Marcus mit C.
„Ich muss echt voll dringend“, quengelte Stephanie und hüpfte von einem Bein aufs andere.

Der verschmorte Haufen Plastik rauchte ein bisschen.

„Ob da wohl jemand drin war?“ spekulierte Steffen.
„Vielleicht. Stinkt ja ganz schön“, stellte Marcus mit C fest.
„Wo soll ich denn jetzt hinpinkeln“, sorgte sich Stephanie und blickte sich suchend um.

Das geschmolzene Plastik vor ihnen gurgelte.

„Methanexplosion? Flugzeugabsturz, Donnie-Darko-Style?“ rätselte Steffen.
„Spontane menschliche Selbstentzündung? Feuerteufel?“ orakelte Marcus mit C.
„Mir egal, ich mach mir gleich in die Hose!“ entfuhr es Stephanie und sie hüpfte vom anderen Bein auf das eine zurück.

Das geschmolzene Plastik vor ihnen blubbete.

„Dixies sind auch nicht mehr das, was sie mal waren“, befand Steffen.
„Ich hab von Anfang an gesagt: Kompostklos und nicht diesen Plastikmist“, klugschwätzte Marcus mit C.
„Ich pinkel da jetzt drauf, technisch gesehen ist’s immer noch ein Klo“, entschied sich Stephanie, stellte sich über die Plastikpfütze und ließ die Hosen runter.

Der Urinstrahl prasselte auf das geschmolzene Plastik und dampfte.

„Gut, so geht’s auch!“ kommentierte Steffen.
„Naja, bisschen anders gedacht war’s ja schon“, zweifelte Marcus mit C.
„Ahhhhhhhhhhh“, stöhnte Stephanie erleichtert und zog ihre Hose wieder hoch.

Die Mischung aus Urin und geschmolzenem Plastik gab ein undefinierbares Geräusch von sich und formte sich zu einer menschlichen Gestalt.

„Äh“, bemerkte Steffen.
„Was zur Hölle!“ entfuhr es Marcus mit C.
„Das kam jetzt aber überraschend“, merkte Stephanie an und trat einen Schritt zurück.

„Danke, das hat noch gefehlt!“ sagte die Plastikgestalt, deutete eine Verbeugung in Richtung Stephanie an and trottete pfeifend davon.

„Das glaubt uns kein Mensch“, äußerte Steffen.
„Die Pappe war wohl schlecht“ mutmaßte Markus mit C.
„Von LSD muss ich immer pinkeln“, rief Stephanie und zog die Hose wieder herunter.


© Texte: bei den Autoren
© Illustration: Jens Wiesner

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