Danke, Universum: Lest die Geschichten!

Was kommt dabei rum, wenn man einfach drauflos schreibt? Hier veröffentlichen wir alle Kurzgeschichten, die ihr uns geschickt habt. Sucht nach dem Rest unter #erregungoeffentlicherfreude (Facebook / Instagram) bzw. #erregungöffentlicherfreude (Facebook / Instagram) in den Sozialen Medien!


Jens Wiesner:

Die Wissenschaftler sagten, es dauere noch mindestens fünf Milliarden Jahre, bis unsere Sonne zur Supernova wird.

Die Wissenschaftler haben sich geirrt.

Morgen früh um diese Zeit wird die Erde nur noch Staub sein. Ein Häuflein Aschepartikel, die im All herumschwirren.

Ich sitze auf einer Verkehrsampel und knabbere Erdnussflips. Die Tüte raschelt laut. Im Kino wäre mir das Geräusch unangenehm, aber hier, drei Meter über dem Boden, so kurz vor dem Ende, ist es irgendwie beruhigend.

Unter mir verkeilen sich Autos ineinander und ich muss an mein letztes Mal auf dem Rummel denken: Herrrreinspaziert, herrreinspaziert! Ach, wie lange ist das her, der erste Kuss mit Mandy im Autoscooter. Und der schmerzhafte Zahnarztbesuch danach. Man sollte sich nicht im Autoscooter küssen.

Der stadtbekannte obdachlose Schildermann sitzt in einer Lache seiner Pisse und grinst von einem Ohr zum anderen: Seine Verrücktheit hat recht behalten. Das Schild mit der Aufschrift: „Das Ende ist nahe“ steht einsam an einen Baum gelehnt. Er muss es nicht mehr schwingen, die Botschaft ist angekommen. Endlich kann er sich entspannen. Deswegen auch die Pisse.

Meine Zähne zermahlen die Erdnussflips zu einem Brei. Ein wenig davon bleibt in der Lücke meines rechten Backenzahns stecken. Aus alter Gewohnheit bewegt sich meine Zunge dorthin, will den Fremdkörper aus dem Loch puhlen. Aber Karius und Baktus schütteln nur leise mit dem Kopf. Vergebliche Lebensmüh. Bleibt der Brei eben stecken, bis ihn die heißen Sonnenstrahlen morgen verdampfen werden. Zusammen mit dem Rest meines Körpers.

Die Ampel schaltet auf rot. Ein Vogel Strauß huscht trotzdem über die Straße, Verkehrsregeln gelten nicht für Sträuße. Das Tier weicht den Automobilen geschickt aus, geschickter zumindest als ein unglücklicher Kater. Sein letztes Miau verschmilzt mit dem Asphalt.

Ich greife in die Tüte, hole meinen letzten Erdnussflip heraus und werfe ihn, als würde ich eine Blume in das Grab eines frisch Beerdigten schleudern.

Der Strauß fängt den Flips noch im Flug, würgt ihn in einem Stück herunter. Dann nickt er kurz – nickt er mir zu? – und stolziert von dannen.

Meine Tüte ist leer. Die Ampel schaltet auf grün.

Danke, Universum.


Johanna Ernst:

Ich sage mal Danke. 

So wie die Wochenshow damals zu Anke.

Aber im Gegensatz zu damals ist es nicht dieser komische Brauch, es ist so viel mehr als nur der Schall und der Rauch:

Ich mein das so von Herzen. Ich mein, wie krass ist das denn bitte!? Ich sitze hier in einer Welt, die ich mir machen kann, wiedewiedewie sie mir gefällt. 

Ich kann frei entscheiden. Geh‘ ich zur Arbeit oder lass ich’s bleiben? 

Irgendwie bekommt man schon seine Kohle, das geht zwar den anderen nicht zum Wohle. Aber davon kann ich mir alles kaufen, was ich so mag. Kaviar für 3,30 € vom Lidl, der ist zwar fad, aber hey, ist ja auch irgendwie egal. Es ist halt Kaviar & dazu n‘ Bier, ist halt alles möglich mit diesem Hartz IV. 

Ich wollt‘ ja Danke sagen. Hartz IV war schon vor so einigen Tagen. 

Ich geh‘ zur Arbeit und das irgendwie auch gern. Aber manchmal denke ich mir, ist irgendwie auch alles wirklich zu modern. Da sitzen wir vor Kisten & ner Tastatur, das ist alles andere gut für die Augen und ihre Natur. Sollten wir nicht raus gehen‘ und uns bewegen? So wie die Sammler und Jäger mit ihren Bären/Beeren? 

Mist, ich wollte ja danke sagen für dieses Leben und diese Welt. Aber heute ist irgendwie son Tag, nicht rosa und auch nicht gelb. Es ist einer dieser Tage, an dem ich mich innerlich so ein bisschen plage…. Es ist nicht so schlimm, aber es ist halt die Frage nach dem Sinn.

Jetzt ist es kein Danke, eher sowas wie der Lük zu der Anke.

Es ist ein sich bewusst werden. Bewusstwerden, was wirklich zählt, aus dem, was man halt so wählt. 

Ich glaube, ich schließe dieses Versum und manifestiere die Zukunft ans Universum. 


Kaddi Mendler:

Danke, Universum: Illustration

© Texte: bei den Autoren
© Illustration: Kaddi Mendler

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