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Manni blickte skeptisch auf das schwarze T-Shirt, das nass auf der Wäscheleine vor seiner Reihenhausmietswohnungshälfte in Castrop-Rauxel vor sich hin tropfte.
Die Faxe-Dose stand geöffnet neben Manni, geöffnet, aber unberührt. Dieses für Manni durchaus uncharakteristische Verhalten hatte seinen Grund: Denn in einer Stunde kamen Susi, Hagen und Bölkstoffboy vorbei, um mit ihm und Big Horex, ihrem alten T3-Volkswagen, Richtung Wacken zu düsen. Und nun das!
Gerade eben hatte Manni sein altes Slayer-Tour-Shirt von der World Sacrifice Tour 1989 aus dem Kleiderschrank geholt. Kein Wacken ohne sein Slaytanic-Glückshirt, das mit dem Wehrmachtshelm und Totenkopf drauf und natürlich auch dem charakteristischen Schriftzug seiner absoluten Lieblingsband! Ehrlich gesagt war das Shirt die einzige Garderobe gewesen, die Manni jemals während des Festivals getragen hatte: Das Slaytanic – oder eben nix, nada, wie Gott ihn schuf.
Aber heute morgen bei der obligatorischen Festival-Voranprobe hatte es zum ersten Mal gezwickt und gedrückt. Zumindest mehr als gewöhnlich. Und als Manni Kopf und Haarmähne durch das Kopfloch gezwängt und an sich heruntergeschaut hatte, grinste sein Bauchnabel zurück.
Verdammt, dachte Manni, während er seinen Bauchspeck betrachtete, wie er schlaff und kraftlos über dem Hosenbund hing. Verdammt. Manni war nun wirklich nicht prüde und hatte nichts geben oben ohne oder völlig nackend einzuwenden. Aber ohne sein Glücksshirt nach Wacken? Im Slaytanic hatte er Zwanzig-Fünf die große Flunkyballweltmeisterschaft siegreich beendet – und Zwanzig-Acht mit Jenny rumgemacht. Und Zwanzig-Zehn hatte er mit dem Shirt Alice Cooper den Schweiß von der Stirn gewischt und anschließend über Mambo Kurt ausgewrungen. Haha, was für ein Spaß.
In einem war sich Manni aber sicher: Entweder T-Shirt oder nackig, aber auf gar keinen Fall halb-und-halb. Was beim Mett schon schlecht war, konnte beim Outfit erst recht nicht gut sein. Gut, Manni hatte es, seitdem Bölkstoffboy die selbstgebaute Zapfanlage direkt neben seinem Bett installiert hatte, vielleicht etwas mit dem Gerstensaft übertrieben. Aber so ein Gute-Nacht-Warsteiner, wer konnte darauf schon verzichten?
Also hatte Manni den T-Shirt-Stoff nach unten gezogen, wieder und wieder, in der Hoffnung er würde an Ort und Stelle verharren. Aber wie sagte noch der Lateiner: Spes saepe fallit. Hoffnung täuscht oft.
Dann war Martin ein Geistesblitz gekommen: Er hatte das Slaytanic mit kochendem Wasser aus dem Wasserkocher überschüttet, an die Wäscheleine gehangen – und am unteren Ende jeweils zwei Pflastersteine befestigt.
Und nun stand er also da und nahm er alle zehn Minuten mit dem Geodreieck aus seinem alten Grundschuletui Maß. Aber Pustekuchen! Zu kurz, immer noch viel zu kurz! Spes saepe fallit!
Wroooom-wrooooom. Töff-töff-töff-töff. Oh nein! Susi, Hagen und Bölkstoffboy waren angekommen, viel zu früh, und natürlich hatten sie sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmte.
„Ey Manni, was ziehst’n du für ne Fluppe?“ polterte Bölkstoffboy, der eigentlich Bernd hieß.
„Ja, und was macht das Slaytanic noch auf der Leine und noch nicht auf deinem sexy Body? Gestern nochmal draufgegöbelt?“ feixte Susi.
Nur Hagen, der einfühlsame Hagen, wusste sofort, was Sache war: „Oh, nee, ne? Bist zu fett geworden, wa?“
Manni nickte stumm.
„Jetzt mach ma nicht son Aufstand, komm zieh mal an!“ grölte Bölkstoffboy, grabschte das nasse Shirt von der Leine und ließ es einmal auf Mannis Hintern flatschen.
„Ey, gib her!“ Resigniert zog Manni das Shirt über – und zeigte auf die Wampe, die daraus hervorquoll.
Die drei Freunde starrten eine Weile auf Mannis nicht wegzudiskutierenden Bauchspeck – bis Bölkstoffboy in seinen Rucksack griff.
„Tadaa!“ rief er und hielt triumphierend einen schwarzen Edding in die Höhe. Und noch bevor die anderen nachfragen oder Manni protestieren konnte, hatte er auch schon sein Kunstwerk beendet. Mannis Bauch war nun tiefschwarz gefärbt – im selben Schwarz wie sein Bandshirt. „Was nich passt, wird passend gemacht!“ philosophierte Bölkstoffboy und reichte Manni die noch immer unberührte Bölkstoffdose vom Tisch. „Und jetzt hau weg die Scheiße, Wacken wartet nicht!“
© Texte: bei den Autoren
© Illustration: Kaddi Mendler
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